Im August 2009 hat das Unterhaus des indischen Parlaments ein Gesetz verabschiedet, welchem das Oberhaus schon im Juli zugestimmt hatte. Für die nächsten Jahre steht zunächst die Errichtung von staatlichen „Nachbarschaftsschulen“ auf dem Reformprogramm. Gleichzeitig werden die Privatschulen in Indien dazu verpflichtet, ein Viertel der Schulplätze an Kinder aus benachteiligten Familien und an behinderte Schüler zu vergeben und nicht nur für Kinder der vermögenden Mittel- und Oberschicht zur Verfügung zu stehen. Die Verwaltung der Schulen wird durch das neue Gesetz an Gremien aus staatlichen Beamten, Lehrern und Eltern übertragen, womit die Schulleiter dann auch nicht mehr eigenmächtig entscheiden dürfen, welche Kinder sie an ihrer Schule aufnehmen wollen.
Generell gilt die Schulpflicht bis zur achten Klasse, was wiederum den Privatschulen das Recht einräumt, ab der neunten Klasse Schulgebühren zu verlangen – damit wird allerdings wieder eine Separation der Schüler aufgrund ihrer sozialen Herkunft denkbar. Und die Zahlen bestätigen diese Befürchtung: Heute werden mehr als 90 Prozent der Kinder in Indien eingeschult. Doch die weiterbildenden Schulen verzeichnen einen drastischen Abfall der Schülerzahlen in den höheren Schuljahren: Von 100 Schülern beginnen nur zwölf später ein Hochschulstudium.
Kritik an dem Gesetz
Kritiker bemängelten alsbald, dass das Gesetz die Finanzierung offen lasse und die Übernahme der größtenteils Kosten ungeklärt sei. Für einen Teil solle die indische Zentralregierung aufkommen, den Rest sollen sodann die Bundesstaaten tragen. Doch die finanziellen Unstimmigkeiten könnten zu Verzögerungen im Schulbau führen. Zudem sei auch offen, wer für Bücherkosten und Unterrichtsmaterialen an den Privatschulen aufkomme. Ein Punkt, an dem auch der größte Kritiker des Gesetzes, nämlich die Privatschulen selber, einsetzt: Ein Direktor einer Privatschule in Delhi warnt in einem Zeitungsartikel vor den Folgen, die eine gemeinsame Beschulung unterschiedlicher sozialer Schichten mit sich brächte, nämlich Sozialneid und damit psychologische Probleme seitens der ärmeren Kinder.