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Reformpädagogische Schulkonzepte

Reformpädagogische Schulkonzepte - die Alternative zur Regelschule

Kindgerechtes Lernen, selbstgesteuertes Entdecken statt Frontalunterricht, Freiräume für Kreativität und individuelle Entfaltungsmöglichkeiten sind häufige Wünsche, die in reformpädagogischen Schulkonzepten ihre Erfüllung suchen. Waldorfschulen, Montessori-Pädagogik und neue Reformkonzepte sind gefragter denn je.

Auch wenn es immer mehr staatliche Schulen gibt, die sich einem reformpädagogischem Konzept verschrieben haben, befinden sich die meisten Reformschulen in freier Trägerschaft, sind also sogenannte Privatschulen. Unabhängig vom pädagogischen Konzept gelten für alle Privatschulen Rahmenpläne der Kultusministerkonferenzen der jeweiligen Länder. So ist auch bei Privatschulen mit alternativem pädagogischem Konzept sichergestellt, dass sie der Erfüllung der Schulpflicht dienen. In der Art und Weise jedoch, wie dies geschieht - wie Kinder lernen, wahrgenommen und behandelt werden - gibt es zwischen den einzelnen Konzepten große Unterschiede.

Welches Schulkonzept das richtige für ein Kind ist, kann nur im individuellen Fall entschieden werden. Wie auch grundsätzlich bei der Schulwahl, sollte sich immer vor Ort ein Eindruck verschafft und alles vom Schulgelände bis zu den Klassenräumen begutachtet werden. Vielleicht gibt es einen Tag der offenen Tür, um auch mit Schülern, anderen Eltern und Lehrern ins Gespräch zu kommen. Eine zusätzliche Beratung bei der Schule in Anspruch zu nehmen, klärt außerdem spezifische Fragen, z.B. wie bei konkretem Förderbedarf reagiert oder mit dem Thema Mobbing umgegangen wird.

Waldorfschulen - Waldorfpädagogik

Waldorfschulen sind wohl die bekanntesten Schulen unter den alternativen Schulkonzepten. Zu den Merkmalen des Unterrichts und Schullebens gehört der Epochenunterricht (Blockunterricht mit individuellen Epochenheften statt Lehrbüchern), zwei Fremdsprachen ab der 1. Klasse und ein besonderer Schwerpunkt auf Entfaltung der Kreativität, dem gemeinsamen Lernen, sozialer Kompetenz sowie künstlerischer Förderung. Im Fach Eurythmie wird Musik und Sprache bildhaft gemacht, indem jedem Ton und jedem Buchstaben eine Gebärde zugeordnet wird.

Notenzensuren gibt es in den Zeugnissen an Waldorfschulen nicht: Stattdessen bestehen die Zeugnisse aus möglichst detaillierten Charakterisierungen, die den Leistungsfortschritt, die Entwicklung, Begabungslage und die Bemühungen des Schülers transparent machen. Die Schüler durchlaufen gemeinsam 12 Schuljahre - ein Sitzenbleiben gibt es nicht.

Die Freien Waldorfschulen in Deutschland befinden sich in freier Trägerschaft und können mit der mittleren Reife, der Fachhochschulreife oder der allgemeinen Hochschulreife abgeschlossen werden, während der eigentliche Waldorfschulabschluss in Deutschland nicht staatlich anerkannt ist. Die Prüfungen finden darum, je nach Bundesland, als Externenprüfung statt - die so erworbenen Schulabschlüsse sind denen an staatlichen Schulen gleichgestellt.

2019 gibt es in Deutschland 245 Waldorfschulen, an denen fast 90.000 Schüler unterrichtet werden. Weltweit sind es mehr als 1.150 Schulen. Zusätzlich gibt es heilpädagogische Schulen, die ebenfalls nach waldorfpädagogischen Grundsätzen arbeiten. Die Elternbeiträge, die an den meisten Waldorfschulen erhoben werden, sind in der Regel nach Einkommen gestaffelt.

Das Konzept der Waldorfpädagogik geht auf Rudolf Steiner zurück, der die anthroposophische Weltanschauung, auf der sie beruht, entscheidend prägte. 1919 gründete er in Stuttgart die erste Waldorfschule. Viele Schulen sind nach ihrem Begründer benannt. In dieser ersten Gesamtschule lernten Kinder erstmals gemeinsam, unabhängig von ihrer Herkunft und Begabung. Steiners Auffassung ist bis heute Leitlinie der Waldorfschulen: "Das Kind in Ehrfurcht aufnehmen, in Liebe erziehen und in Freiheit entlassen."

Montessori-Pädgogik

Hilf mir, es selbst zu tun" ist ein Leitsatz der Montessori-Pädagogik, die Kinder in ihrer Persönlichkeit als vollwertige Menschen respektiert, sie in ihrer individuellen und lebensweltlichen Ganzheit begreift und auf ein selbstständiges sowie selbstbestimmtes Lernen setzt. Grundlage dafür bildet die Haltung, dass Kinder von Natur aus die Freude am Lernen in sich tragen und Baumeister ihrer selbst sind. Um diese natürliche Motivation des Kindes, die Welt zu erkunden und eigene Fähigkeiten zu entwickeln, optimal zu unterstützen, wird an einer Montessori-Schule eine dafür förderliche Lernumgebung sowie spezielles Montessorimaterial bereitgestellt und so viel wie möglich auf Freiarbeit gesetzt.

Der Rhythmus der Schüler bildet die entscheidende Struktur des Schulalltags und die Freiarbeit das Kernstück des Unterrichts: Hierbei suchen sich die Kinder weitestgehend selber aus, mit was sie sich wie lange beschäftigen. Die speziellen, didaktisch aufbereiteten Montessorimaterialen - zum buchstäblichen Begreifen der Inhalte - laden das Kind ein, sich nach eigenen Interessen, im individuellen Lerntempo und aktiv mit den einzelnen Themen auseinanderzusetzen. Die Lerngruppen sind altersgemischt und der Lehrer versteht sich als aufmerksamer Beobachter, Begleiter und (falls nötig) Unterstützer im Entwicklungs- und Lernprozess der Kinder.

Die Pädagogik geht zurück auf Maria Montessori (1870-1952), die in Italien als erste Frau Ärztin wurde, den Doktor der Medizin machte und nach einem anschließenden Studium der Pädagogik 1907 ein Kinderhaus gründete. Sie entwickelte anhand intensiver Beobachtung des kindlichen Lernens eigene Lernmaterialien und gestaltete eine förderliche Lernumgebung. Ihre erziehungswissenschaftlichen Grundsätze, Theorien und ihre Didaktik gingen um die Welt. Heute gibt es in aller Welt pädagogische Einrichtungen, die sich der Montessori-Pädagogik verschrieben haben. In Deutschland gibt es neben der Vielzahl an Montessori-Kitas über 400 Montessori-Schulen, davon 100 weiterführende Schulen, die sich Größtenteils in freier Trägerschaft befinden. An den staatlichen Schulen handelt es sich dann teilweise um Montessori-Zweige. Es gibt Montessori-Schulen für alle Schulformen bzw. -abschlüsse.

Jenaplan-Schulen

Die Schule als ein gemeinsamer Bildungs- und Lebensort, der gemeinsam von Schülern und Lehrern, aber auch unter Einbezug der Eltern, gestaltet wird, ist das Verständnis der Jenaplan-Schulen. Dieser Ort soll damit nicht nur für das Lernen Raum schaffen, sondern für die Gemeinsamkeit, das Gespräch, Spiel und Feier. Ziel der Pädagogik ist die Entwicklung individueller Kompetenzen und Förderung der Persönlichkeitsbildung. Es wird großer Wert auf selbsttätiges, aber gemeinschaftliches Arbeiten und Mitverantwortung gelegt.

In Deutschland gibt es etwa 40 Jenaplan-Schulen, viele davon staatlich. Auch in weiteren europäischen Ländern wird die Jenaplan-Pädagogik eingesetzt. Es sind alle Schulformen vertreten. Statt in altershomogenen Klassen wird in jahrgangsübergreifenden Lerngruppen (sog. Stammgruppen) mit etwa 20 Schülern mehrjährig gearbeitet. In dieser Gruppe, als "Helfersystem", findet täglich 100 Minuten gemeinsamer Unterricht statt. Der Lernstoff wird in überfachlichen Projekten über gemeinsam mit den Schülern entwickelten Wochenarbeitspläne behandelt, die einen flexiblen Rahmen für die ganzheitliche Auseinandersetzung mit einem Thema ermöglichen und unterschiedlichen Lernvoraussetzungen gerecht werden. Statt Zensuren werden Arbeits- und Leistungsberichte mit drei Bewertungsmaßstäben erstellt, durch die Stammgruppen gibt es keine "Versetzungen" zum Schuljahreswechsel.

Entwickelt wurde das Konzept der Jenaplan-Schule von dem Pädagogen Peter Petersen 1927 an seinem Lehrstuhl für Erziehungswissenschaft der Universität Jena, wodurch es seinen Namen erhielt. Petersen war Mitglied im NS-Lehrerbund; es ist umstritten, ob oder inwieweit Petersens Nähe zum Nationalsozialismus und seine rassenideologische Äußerungen aus politischem Pragmatismus entstanden. Als 2009 weitere Details Petersens Rolle in der NS-Zeit sowie explizite Schriften in den Fokus der Öffentlichkeit gerieten, entschieden sich viele Peter-Petersen-Schulen für eine Namensänderung.


 

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